Im Vorfeld hatten wir uns nicht wirklich eine feste Route für die Westküste ausgesucht. Highlights wie Atlanterhavsveien, Trollstigen, Geirangerfjord und Bergen hatte ich auf meiner Wunschliste stehen. Aber erstmal mussten wir unser Lager abbauen und nach Trondheim hinübersetzen.
An Trondheim und dem Trollheimen vorbei
Als die Vögel mich morgens um 5 Uhr herum wachgeträllert hatten, steckte ich kurz meinen Kopf aus dem Zelt und checkte die Lage. Am Strand stand zu der frühen Stunde schon ein Angler und versucht sein Glück. Auch nett :-) Ich nahm mir zwar noch eine Mütze voll Schlaf, doch um sieben Uhr standen Sigmund und ich auf und waren auch schon bald darauf abfahrbereit (so langsam waren wir auch non-kommunikativ aufeinander eingestellt).
Wir fuhren nur knappe 15 km bis zur nächsten Fähre und ließen uns mit frisch gerautem Boardkaffee auf die andere Seite verfrachten. Währenddessen nutzten wir die Zeit aus und machten die Tagesetappe klar. Kristiansund sollten wir heute zumindest erreichen und das gerne auf netten Nebenstraßen. Auf der Karte fanden wir so eine Route und ich plottete die Strecke schnell in mein Garmin 62s hinein. Es konnte losgehen!
Die Landschaft um uns herum zeigte einen tollen Kontrast zum Programm der vorherigen Tage. Anstatt vieler Felsen und Gestein fuhren wir durch fruchtbares Weide- und Ackerland, das eher an die Alpenregionen denn an Trøndelag, das „Reich der Mitte“ in Norwegen, erinnerte.
Anfangs konnten wir noch fast zwei Stunden lang auf kleinsten Kurvenstraßen und sogar feinsten Schotterpisten herumjagen. Dann fuhren wir am noch leicht mit Schnee bedeckten Trollheimen vorbei und folgten dem Rv65 nach Westen. Die Sonne schien, es war relativ warm und die Zeit verging wie im Fluge. Eine Fähre später ging es auf dem Rv70 weiter und wir folgten dem Tinvollfjorden hinauf an die äußere Küste.
Karte zum neunten Tourtag (515 km)
Tagesetappe: Trondheim vorbei, Rv65, Surnadal, Tingvoll, Kristiansund, Molde, Trollstigen, Norddalsfjorden
Kristiansund ohne Fischrestaurant
Gegen Mittag kamen wir dann in Kristiansund an. Diese norwegische Küstenstadt mit ihren 17.000 Einwohnern liegt auf drei Inseln verteilt und wird über Brücken angefahren, von denen die letzte gerade mal in 1992 fertiggestellt wurde. Fähren sind halt eine sehr etabliertes Verkehrsmittel in Fjordnorwegen.
Aufgrund eine Sommerski-Wettbewerbes (herrliche Einstellung der Norweger, oder?) war die ganze Stadt abgesperrt. Wir mussten uns unter Zuhilfenahme des Navi den Weg an den Hafen suchen, der „Dank“ der Absperrungen immer wieder blockiert wurde. Dann aber schafften wir es und stellten unsere Bikes auf einem Autoparkplatz ab und bezahlten sogar die Parktickets am Automaten. Falschparken ist einfach zu teuer in Norwegen (40,- bis 150,- EUR) – auch für Motorräder.
Eigentlich hatte ich es mir in den Kopf gesetzt, mich hier in Kristiansand in ein tolles Fischrestaurant zu setzen und ein ober-leckeres Fischgericht zu essen. Koste es was es wolle (so wie bei der Südnorwegen Tour 2012). Leider war aufgrund des Sportevents alles zu voll oder sogar geschlossen. Was geschah also? Wir deckten uns bei einer amerikanischen Fastfood-Kette (ohne Mc aber mit King) ein und setzen uns draußen neben unsere Bikes. So schmeckt es doch eh am Besten, oder was meint ihr?
Schweben auf dem Atlanterhavsveien
Es findet sich wohl kaum eine Automarke auf diesem Planeten, die nicht schon einmal eine Markteinführung mit Bilder des legendären Atlanterhavsveien veröffentlicht hat. Genau dort sollte es jetzt hingehen und wir nahmen Anlauf über den langen Tunnel, der von Kristiansund hinüber zur Atlantikstraße führte. Als wir herauskamen traf uns erstmal der Schock, denn dies war eine der wenigen Straßen in Norwegen, wo auch Motorradfahrer zur Kasse gebeten werden. So ist das eben – am Besten schnell bezahlen und die Sache gleich wieder vergessen.
Dann schraubten wir uns durch die Vorlandschaft, bis wir endlich die erst Brücke mit ihrem Bogen sahen, die uns anschließend über die legendären 8 kleine Inseln führen sollte. Die Sonne schien, viele Touristen und Angler standen allerorts (gute Fischgründe aufgrund der Gezeitenströmung).
Uns kribbelte es regelrecht in den Bäuchen vor lauter Freude darüber, diesen Moment und Ort regelrecht in uns aufsaugen zu können. Wie immer hielten wir an, stiegen ab und schossen ein paar Fotos. Mich hielt es jedoch nicht lange an einer Stelle und ich schwang mich mit der Kamera auf meine geliebte 800er um die Passage 5-6 Mal hoch und runter zu fahren. Kindskopf Sascha, aber es tat doch so gut :-)
Nachdem genügend Bilder im Kasten waren und wir mit einem anderen 800er Fahrer einige Routen und technische Infos ausgetauscht hatten, äußerte Sigmund das Anliegen gleich noch weiter zu einem weiteren Tageshighlight fahren zu wollen. Also hieß es aufsitzen, denn der Ritt ging weiter!
Den legendären Trollstigen hinauf
Eine Fähre und ca. 2 Stunden später standen wir am Fusse des berühmt berüchtigten Trollstigens. Perfekt getimt, denn zu dieser späten Tageszeit waren die Touristen nicht mehr zugegen (mehr als 500.000 Besucher pro Jahr).
Es ist schier unglaublich, was die Norweger da mal wieder in ihren Fels gehauen haben. Mit 12% Steigung kann die teilweise nur einspurige Serpentinenstraße in den Sommermonaten (Okt – Mai gesperrt) erklommen werden. Wir schossen ein paar Fotos und dann kribbelte es mir auch auch schon unwiderstehlich in der Gashand.
Leider nieselte es ein wenig, weswegen man nicht gänzlich unbedacht am Gashahn drehen konnte. Die 86 Pferde jedoch ab und zu voll aufzudrehen zu können, war der reinste Genuss für mich!
In der Mitte hielt ich kurz vor dem Wasserfall an um Fotos zu schießen, aber auch um den Autos mehr Vorsprung zu geben. Hinterherschleichen war keine Option für mich! Als die Lücke groß genug war, ging die Kurvenjagt weiter – Adrenalin und Fun pur!
Oben angekommen stellten wir die Böcke ab und machen kurz den Souvenirshop unsicher. Ein Mitbringsel von diesem speziellen Ort würde mir zu Hause sicher keiner übel nehmen.
Ein Magnettroll für die Küche wurde es dann und anschließend gingen wir hinaus zur Aussichtsplatform, um die Trollleiter noch einmal von oben zu sehen. Der Niesel wurde jedoch heftiger, also mussten wir uns langsam Mal nach dem heutigen Nachtlager umsehen.
Links für mehr Info
- Trondheim Info bei Wikipedia
- Kristiansund Info bei Wikipedia
- Trollheimen Info bei Wikipedia
- Atlanterhavsveien Info bei Wikipedia
- Trollstigen Info bei Wikipedia
Camp am Norddalsfjorden
Als nächstes Highlight wäre dann der Geiranger Fjord dran gewesen. Das Tiefdruckgebiet mit seinem Regen und der Kälte raubte uns auf den fast 1.000m jedoch schier die Energie aus dem Körper. Da mussten wir bald etwas finden, am besten im nächsten Tal, dachten wir uns.
Auf den nächsten Kilometern hielten wir unterwegs zwar nach einem Wildcamp Ausschau, es tat sich aber nicht wirklich etwas nutzbares auf. Dann kamen wir doch glatt wieder an einer Fähre an, die auch gleich noch abfahrbereit war. Wir fuhren mit und kamen kurz darauf auf der anderen Seite an. Jetzt schauten wir uns wechselseitig in die Helme und uns war klar: Der nächste Campingplatz muss es werden.
Am Fähranleger checkte ich das GPS nach dem nächstgelegenen Platz und 15 Minuten später waren wir auch schon dort. Einchecken, Zelte aufbauen, Essen kochen und GANZ HEISS DUSCHEN war erst Mal angesagt. Wir bekamen zwar eine Essens-Einladung von einem der Nachbar-Wohnwagen, wir lehnten aber dankend ab. Es zog uns nur noch in die Zelte und ich zündete glatt 5 Teelichter an, damit es warm wurde. Als toller Nebeneffekt wird auch die Luft im Zelt etwas trockener, man soll nicht unterschätzen, was die 5 x 55 Watt Wärmeleistung von Kerzenflammen zu bewirken vermag.
Der Tag in Daten
- Tagesstrecke: 515 km
- Fähren genutzt: 4 x
- Tanken: 2x
- Camping: 100,- Kr Spezialpreis für je 1x Zelt mit Biker
Fazit
Da lag ich in meinem nassen Zelt in Regen und Kälte (die Wände waren feucht). Warum waren wir nicht bei strahlendem Sonnenschein an der Atlantikstraße geblieben und hätten uns und unsere Ausrüstung trocknen können?
Na ja, hinterher ist man doch immer schlauer. Aber die Fahrt hinauf auf dem Trollstigen -ohne viel Verkehr- war schon ein cooles Highlight. Zu gerne wäre ich noch einmal rau und wieder runter gedonnert. Da muss ich halt mal wiederkommen um das Erlebnis vollends auskosten zu können. Morgen geht es dann weiter. Wohin? Keine genau Ahnung, aber Sigmund hat sicherlich einen Plan – hoffe ich ;-)
Hier geht es zum Tag 8 des Tourenberichts und zum Tag 10 hier klick :-)
Fotos von diesem Tourtag
Fotos: (c) Sascha Duus & Sigmund Hornberg
Hallo Sascha,
könntest die Schlagzahl bei der Erstellung der Berichte gerne erhöhen :-). Dauert immer viel zu lange bis zum nächsten Tag.
Ich zähle auf jeden Fall schon einmal die Stunden bis es bei mir im August los geht.
Viele Grüße nach Oslo!
km
… und dabei komme ich schon ins rudern ;-) Steckt immer viel mehr Arbeit hinter so einem Bericht, als man denken mag. Schließlich will ich keinen Mist posten, sonder euch Unterhaltung, Informationen und Berichtenswertes vermitteln.
Danke für das nette Feedback – motiviert ungemein zum Weiterschreiben.
LG S
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