Gestern wurde viel erlebt und heute sollte es mit der Entdeckung Fjordnorwegens weiter gehen. Der berühmte Geirangerfjord stand auf unserem Programm und danach sollte es wieder in Richtung Westen gehen, ganz bis an die Atlantikküste heran.
Wenn der Fluss den Rausch beendet
Nein, der laut reißende Fluss (3 Meter neben unseren Zelten) stellte seinen Lauf nicht abrupt ein. Mein Schlaf wurde beendet, und das schon um kurz vor sieben. Da Sigmund noch im siebten Himmel zu träumen schien, nutzte ich die Zeit für ein intensives trocknen meines Zeltes.
Ich habe immer ein Mikrofasertuch zum Geschirr-Abtrocknen und als Schutzschicht (Anti-Haft schonen) in meinem Kochset. Damit wurde mein Zelt jetzt von innen und außen komplett trocken gewischt. Anschließend drehte ich es noch auf den Kopf (geht bei Kuppelzelten ganz gut), damit es gut auslüften konnte. Wenn man auf Tour ist, muss man sein Material pflegen – erst recht auf langen Reisen.
Anschließend gab es Frühstück und auch bei Sigmund wurde es aktiv. Wir wischten auch sein Zelt trocken und studierten anschließen die Karte. Ganz an die Westküste, ans Meer wollte ich heute. Mal schauen, ob wir es bis dahin schaffen sollten.
Karte zum zehnten Tourtag (381 km)
Tagesroute: Dale > Geiranger(fjord) > Videdalen > Våtedalen > Førde > Dale > Åksevatn
Geirangerfjord und der Wolkenpass
Nach den ersten motivierten Minuten ohne Regenklamotten, mussten wir diese dann doch überschmeißen. Als wir über den Pass in den Geirangerfjord kamen, war vor lauter Nebelsuppe zuerst nichts zusehen. Dann aber, an der Aussichtsplattform, rissen die Wolken kurz für 2 Minuten auf und es gab die Foto-Chance! Über herrliche Serpentinen ging es anschließend hinab nach Greiranger zu einem kleinem Zwischenstopp am Hafen.
Jetzt sollte es aber wirklich hoch hinaus gehen. Um in südlicher Richtung aus dem Tal herauszukommen, ging es auf 950m hinauf. Das erste Teilstück ballerten wir die 800er in die Höhe, aber dann steckten Sigmund und ich ab 700m plötzlich erneut in den Wolken fest! Die Sichtweite von 5m und das Wissen um tiefen Schluchten hinter der schmalen Straße verlieh der Aktion das gewisse Etwas an diesem Morgen. Man musste mit allen Sinnen fahren um den Straßenverlauf in der dichten Suppe auch ja richtig zu lesen.
Als wir dann noch eine Motorradgruppe und einen Bus überholten, wurden wir kurzerhand ausgehupt. Aber Leute, mit 30km/h den Berg hinauf zu kriechen ist nun wirklich nichts für ausgewachsene Enduristen, oder?
Der gamle Steynefjellsveg am Videdalen
Wenige Kilometer hinter dem Pass wäre es rechts in den Tunnel gegangen, aber das wäre doch viel zu langweilig gewesen :-) Da wo sich ein Tunnel im Gebirgsland findet, existierte zuvor meist eine alte Passstraße. So auch in diesem Fall, nämlich der Rv258 – der alte Stynegebirgsweg. Ein kleiner Umweg von 10 km (vorbei am 2.Weltkrieg Flieger) beschenkte uns mit einer 27 km langen Schotterpiste vom Allerfeinsten. Der Untergrund war perfekt glatt und der Weg schön schmal und extrem kurvig.
Wir drehten den Gashahn auf und steuerten in der einen und anderen Kurve gekonnt über das spinnende Hinterrad. Ein ganz besonderes Erlebnis auf 1.100 m mit Schneefeldern des 1.198m hohen Tysigbreen auf der linken Flanke. Über Asphalt, aber erneut in den Wolken (oder nennt es Hochnebel), stiegen wir über endlose Kurven in Richtung Westen hinab ans Strynsvatnet. Ein aufregender Auftakt in diesen Fahrtag!
Kurs West – kalt und feucht
Gemäß den Wetterbericht (yr.no) sollte es im Westland feucht und regnerisch sein. Ganz außen an der Küste versprach es jedoch am wenigsten zu gießen. Das war der Ort, an den wir fahren sollten und auch zelten wollte. Wir hielten uns also westwärts mit der Stadt Bergen als Grobziel für den Folgetag.
Es ging entlang des Innvikfjordes, wo zwei große Passagierdampfer prachtvoll und majestätisch im Fjord lagen. Dann jagte das BMW GS Geschwader die E39 hinunter um dann am Jølstravatnet auf die kleine schnucklige Parallelstraße abzubiegen.
Solche Nebenstraßen sind viel spannender zu fahren, als die langweilige Europastraße mit ihrem geraden Verlauf und dem sterilen Eindruck.
Nachdem wir stundenlang in Niesel (bis leichtem Regen) gefahren waren, hörte vereinzelt doch glatt das Getröpfel von oben auf. Zwei weitere kleine Pässe später hatten wir den Sunnfjord auf unser Rechten und damit den äußersten Zipfel unser Tour fast erreicht.
Der Plan war gewesen, unsere Zelte um drei Uhr zum endgültigen Durchtrocknen aufgestellt zu haben. Die Sache war nur, dass es auch hier stoßweise regnete hatte und wir absolut keinen Campingplatz oder Hütte finden konnten. Uns war mittlerweile richtig kalt geworden und mit Lustig war es schon lange am Ende. Geschlagenen 6 Hüttenschildern fuhren wir nach und der eine Campingplatz stellte sich lediglich als ein Stellplatz für Wohnmobile heraus – na sauber. Dann fanden wir um halb fünf schließlich eine erschwingliche Hütte und stiegen für diesen Tag von unseren Bikes ab.
Links für mehr Info
- Geirangerfjord auf Wikipedia
- Sognefjord auf Wikipedia
- Fjorde bei Wikipedia
- Wetterdienst Norwegen
- Into the White – der Film
Hütte mit Boot und großer Forelle
Ganz ehrlich, waren wir steif gefroren, hungrig, ausgelaugt und energielos. Die Hütte hätte nicht später kommen dürfen. Als bald fauchten unseren Brenner in der Bleibe und jeder bereite sich ein stärkendes Mahl zu.
Während ich den Vorabend mit duschen, Socken waschen und Stiefel trocknen verbrachte, biss Sigmund erneut die Angerbazille. Mein für mich heute abgeschriebener Bikerkumpel blühte nach einem deftig heißen Abendbrot noch mal so richtig auf. Geschlagenen 2 Stunden verbrachte Sigmund auf dem See und kam mit einem stolzen Fang zurück – Wow: Tod geglaubte leben länger ;-)
Ich Schlappfuchs blieb die ganze Zeit in der Hütte, schrieb Tagebuch auf den iPad und ließ die Seele baumeln. Wir hängen schließlich den ganzen Tag zusammen ab und da taten mir ein paar einsame Minuten ganz gut (muss ich ehrlich zugeben). Solche Freizonen sind nach meiner Erfahrung super wichtig auf einer Gemeinsamen Tour. Der Mix aus dem was man selber braucht und dem was man in das Team einbringt, bedarf ständiger Anpassung und Rücksichtnahme.
Der Tag in Daten
- Tagesstrecke: 381 km
- Hüttenpreis: 350,- kr inkl. Dusche und Boot
- Campingplatz: Birkelandet
- Wetter: kalt/nass bei 6º – 10º C
Fazit
Eigentlich war das hier doch unsere Sommertour, oder? Bei 6 Grad Celsius in den Bergen und 9 Grad an der Küste wurde mir jedoch nicht wirklich warm. Ich trug meine Woll-Unterwäsche, die Extra-Fließjacke und oben drüber kamen noch die Regenklamotten. Ich fror trotzdem ab und zu, denn Regen und das Küstenklima waren alles andere als barmherzig.
Der Geirangerfjord, der alte Bergpass und die wilde Fjordlandschaft waren trotz der widrigen Wetterbedingungen ein echtes Erlebnis. In meinem Kopf begann sich der Plan für eine „Bergtour“ in Norwegen schon zu entfalten. Ein paar Tage nur oben auf 1.000 m on Tour zu sein, das wäre es! Ob sich so eine Route finden lässt?
Hier geht es zum Tag 9 des Tourenberichts und zum Tag 11 hier klick :-)
Fotos von diesem Tourtag
Fotos: (c) Sascha Duus & Sigmund Hornberg
Immerwieder schön zulesen deine Blogs.
Ich glaub ich muss dich mal mitn Moped besuchen, für ne gemeinsame Tour.
Satteln und hochkommen :-)
Herrlich, da werden Errinnerungen wach. Der gamle Steynefjellsvegar bei mir leider gesperrt, ein weiterer Grund wieder zu kommen :-)
…. sind zwar nur 27 km, aber die haben irre Spaß gemacht :-)
Sehr schön. Um so schöner wenn die eigenen Bilder aus 2013 vom Geiranger an einem vorbei ziehen.
Sind wir nicht auch deswegen unterwegs, um Erinnerungen zu sammeln :-)
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[…] Vom Geirangerfjord bis an den Sognefjord (Tag 10: 381 km) […]