Wozu macht man eigentlich Pläne, wenn dann doch alles anders kommt? Genau, weil es ganz ohne Plan noch wahrscheinlicher in die Hose geht. Gute Laune und ein gutes Team ist immer noch die beste Versicherung gegen harte Zeiten. 12 Stunden Fahrt mit Regen und Kälte stand uns an diesem Tag bevor.
Flucht vor Mücken und Regen
So wie Tag 1 anfing hätte es werden sollen, aber nix da! Der Wecker war für 06.30 Uhr gestellt, aber um kurz vor sechs knallte bereits der erste Regenschauer auf das Zeltdach. Na Mahlzeit! Der Blick auf den iPhone-Wetterbericht hatte uns am Vorabend schon gewarnt und so stand im Zelt alles zum Frühstück alles, ohne das ich aufstehen und raus gehen musste. So geht es auch :-)
Dann ging alles schnell und wir machten uns um kurz nach sieben auf um die lange Tagesetappe anzugehen. Hinter uns graute sich nämlich ein ganz schönes Unwetter zusammen und in unserem Nachtlager wollten uns 700 super hungrige Mücken ans Blut. Bloß weg hier!
Karte zum dritten Tourtag (841 km)
Die E45 bietet eher ein langweiliges und flaches Land zur Schau. Auch die „Berge“ der E10 waren eher klein im Vergleich zu dem, was wir später wieder in Norwegen erlebten und sahen.
Dumm, der ohne richtige Regenklamotten fährt
Und wer war dumm? Natürlich ich! Zwar hatte ich Regenjacke und -hose an, aber weder waren die Überschuhe auf den neuen Sommerstiefeln, noch hatte ich die Regenhandschuhe an. Es kam, wie es kommen musste.
Kaum waren wir 20 Minuten unterwegs, wurde es nicht besser, sondern schlimmer. Das Letzte was ich vor dem Wolkenbruch nach sah, war ein Rentier links am Straßenrand, dann wurde es dunkler und der Himmel öffnete seine Schleusen. Zum Glück hielt Sigmund hinter mir an um seine Regenklamotten noch strammer anzuziehen. Da war es allerdings schon zu spät für mich gewesen. Die BMW Endurohandschuhe waren klitschnass, mein rechter Stiefel hatte Wasser gezogen und mein Merinowolle Halstuch konnte man auswringen. Super Start in den Tag lieber Petrus!
Wolkenjagt über den Polarkreis
Nach 1 1/2 Stunden waren wir endlich aus dem gröbsten Unwetter herausgefahren und hielten an der Tanke zum Nachfüllen der BMWs und für ein kleines zweites Frühstück an. Währen wir die Kaffees schlürften, wechselte ich die Socken, packte mir ein paar Plastiktüten drüber und stieg zurück in die nassen Stiefel. So konnte es zumindest weiter gehen, wenn auch nicht ganz komfortabel (die Stiefelchen würden schon wieder trocknen – irgendwann. So hoffte ich.).
Mittags war es dann soweit, wir kamen auf 66,5 Grad Nord an und grattulierten uns zu diesen tollen Etappenerlebis (Polarkreis). Von hier an sollte es noch längere Tage und hellere Nächste geben. Selbstreden schossen wir ein paar Bilder an diesem besonderen Fleck der Erde, den ich schon 2011 auf meiner Tour zum Nordkap mit meiner BMW R100GS Boxer passiert hatte.
Über Kiruna und das Grenzgebirge zurück nach Norwegen
„Heute wollen wir noch nach Norwegen zurück“, hatten wir uns gesagt. Deswegen waren wir auch zeitig aufgestanden und in Fahrt gekommen. Eine kleine Schotterpisten-Einlage später (Spaß und Drift müssen ab und zu sein), flog das BMW-800er-Twin-Geschwader weiter auf der E45/E10 in nördliche bis nordöstliche auf Kiruna zu.
Nachdem wir die 800er nachgetankt hatten, verschlug es uns in einen der lokalen Groß-Supermärkte in der Grubenstadt. Einerseits, weil Kiruna eines der größeren Städte hier oben ist (und deswegen große Stores hat) und zum anderen, weil die Läden hier in Schweden auch am Sonntag geöffnet haben (anders als in Norwegen, wo wir noch hin sollten).
Die Fahrt über das Grenzgebirge fing vorerst sonnig und heiter an. Dann nach der langen Hochebenen kamen wir in die Gebirgsformationen und die Temperaturen fielen runter auf gerade mal 11 Grad mit Nässe. Wir arbeiteten uns fleißig weiter vorwärts denn die Reichsgrenze (so der Name in norwegisch und schwedisch) war nicht mehr weit entfernt.
Als wir den Zoll unkontrolliert passierten und das schönste Schild der Welt entdecken (NORGE), ging nicht nur die Sonne, sonder auch unsere Herzen wieder auf – ZU HAUSE.
Und wo sollen wir nassen Pudel schlafen?
Beim Abstieg runter in den Larvikfjord stiegen die Temperaturen leicht an und bei zeitweiliger Sonne mit 15/16 Grad fuhr es sich schon wesentlich angenehmer. Die nächsten 2 Stunden suchten wir auf dem Weg zu den Lofoten eine Hütte für die Nacht. Wir hatten uns eine heiße Dusche und ein festes Dach über dem Kopf redlich verdient nach dieser Langstrecke. Eine Heizung war für mich persönlich wichtig, denn ich wollte meine „Super-Stiefel“ für den Folgetag wieder knochentrocken bekommen.
Nachdem die ersten beiden Hüttenvermietungen voll, bzw. geschlossen hatten, wurden wir um 19:15 Uhr endlich fündig an einem kleinem See. 12 Stunden nach der Mückenflucht und viele hundert Kilometer später stellten wir unsere eisernen Rösser wieder ab und bezogen die kleine rote Hütte. Auf einräumen und umziehen folge das Kulinarische und bei Sigmund und mir brutzelte es auch schon bald in den Pfannen. Nachdem wir uns die Bäuche bis zum Rand vollgeschlagen hatten, strömte auch das Blut aus dem Kopf zur Verdauungsunterstütung nach unten und wir wurden schlagartig müde. Also schnell noch ab unter die Dusche und dann ab in die Heia.
Der Tag in Daten
- Tagesstrecke: 841 km
- Tankstopps: 4x Nachfüllen
- Durchschnittsverbrauch Benzin: 5,5 l/100km
- Hüttenkosten: 400,- kr (geteilt durch 2 Reisende = OK)
- Campingplatz: Kåringen Touristcenter (bekommt 2,5 von meinen 5 Sternen)
- Temperaturen: Morgens 14´, Mittags 17´, Nachmittags 20´, Gebirge 11´und in Norwegen 15´
- Der Himmel: Sonne, Wolken und Regen im Mix
Tagesfazit
Wir waren 12 Stunden und 841km unterwegs und fuhren meist in Regen und Feuchtigkeit. Einmal wurden wir so richtig pitschnass und manche Ecken an den Klamotten trockneten bis zum Abend nicht richtig am Leibe. Die Fahrt war lang, die Gegend eintönig und flach – nicht wirklich was für das Auge.
3 Tage sind vorbei und wir haben 1.600 km Anreise hinter uns. Ein guter Anfang, aber letztendlich purer Transfer und nur der Touren-Einstieg. Es sollte und soll eine Westküsten/Fjordtour sein. Ab jetzt kann die wahre Reise beginnen!
Hier geht es zum Tag 2 des Tourenberichts und zum Tag 4 hier klick :-)
Fotos vom dritten Tourtag
Fotos: (c) Sascha Duus & Sigmund Hornberg
Klasse geschrieben,hoffe das das Wetter besser wird ,wir hatten damals 4 Tage dauerregen bei bis nur 3 grad,gute fahrt weiterhin
Thanks André! Morgen wirst du erfahren, wie es weiter geht ääääh, fährt. Kalt und Regen zusammen – das geht gar nicht. Saugt einem die Energie aus den Knochen wie nix.
Nach so einem Ritt, wie fühlt sich dann das Hinterteil an?
Der Arsch war wund, das Portemonnaie aufgrund des vielen Tankens leer, der Körper kaputt und die Seele glücklich :-)
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