Endlich eine bessere Federung überm Vorderrad! Nachdem ich den Ölwechsel der Vordergabeln mehrfach verschoben habe, war diese Wartungsarbeit nach 40.000 km längst überfällig. Wenn die Gabel schon mal draußen und auf ist -dachte ich mir-, verbaue ich auch gleich die neuen progressiven Federn. Wenn schon – denn schon!
Mehr Komfort und Kontrolle
[singlepic id=3615 w=250 h=250 float=right]Das Ergebnis kann ich gleich vorab nehmen: Der Unterschied zu vorher ist klar spürbar. Auf Asphalt und beim „normaler“ Fahrweise gibt es einen Tick mehr Kontrolle über das Bike.
Dazu kommt mehr Komfort, wenn die Dämpfung kleinere aber vor allem größere Arbeit verrichtet. Kein allzu tiefes Abtauchen mehr und die gefahrene Linie wird irgendwie sauberer und angenehmer. Wer den Fahrspaß mit seiner BMW F800GS erhöhen möchte, dem sei der Umbau wärmstens Empfohlen. So ein kleiner Umbau macht was aus!
Ausbau der Gabelbeine
[singlepic id=3598 w=250 h=250 float=right]Um in den Genuss der besseren Federung zu kommen müssen zuerst beiden Telegabeln ausgebaut werden. Also die 800er auf den Hauptständer stellen und unter Zuhilfenahme eines Wagenhebers vorne dauerhaft anheben (Vorderrad ohne Bodenkontakt).
Alle Schrauben der Bremssättel lösen und Sättel und unter leichtem hin- und herkippen ablösen. Diese dann mit einem Band oder ähnlichem am Motorblock aufhängen (Zug aus der Bremsleitung nehmen). ABS Sensor zumindest leicht lösen und zurückziehen für freien Zugang und zur Schonung des Selbigen. Jetzt die Klemm- und Achsenschrauben lösen und die Achse herausziehen (ggf. rausstoßen). Vorderrad herausnehmen und auf sicheren Stand der BMW achten!
Vorderradabdeckung an seinen Aufhängungspunkten lösen und zusammen mit dem Gabelstabilisator frei machen. Zum Schluss die Klemmschrauben an beiden Seiten der Gabelbrücken lösen und Gabelbeine nach unten herausziehen (Vorsicht, dass die Gabelbeine nicht von selbst runterknallen). Fertig!
Ausbau der Federn
[singlepic id=3601 w=250 h=250 float=right]Gabelbein mit Schutzbacken senkrecht in einen Schraubstock einspannen (geht auch ohne). Gabeldeckel herausschrauben. Obere Kontermutter halten und gegen den Gabeldeckel drehen um den Deckel zu lösen. Feder herausnehmen.
Gabel kippen und alles Dämpferöl ablassen (dauert etwas). Durch Pumpen Restöl herauskitzeln. Auf Ringe achten, die herausfallen können (Montagerichtung- und -reihenfolge). Wer mag, kann mit ca. 0,1l Benzin oder Waschbenzin die Dämpferinnereien Grundreinigen.
Einbau der neuen Federn und Zusammenbau
[singlepic id=3618 w=250 h=250 float=right]Der Ärger vorneweg! Der original schwarze Abstandshalter passt nicht ohne Weiteres in die neuen Feder hinein. Deren Innendurchmesser ist um wenige mm kleiner als die der werkseitig verbauten Federn. Mit der Rückkante eines Messers habe das überschüssige Plastik einfach weggescharbt (5 Minuten-Sache).
Die empfohlene 50mm Distanzhülse hatte ich leider nicht parat. Frage mich auch wirklich, warum man das nicht beipacken kann (Hallo, lieber Hersteller und Touratech)!!! Die Umrüstung werde ich zu einem späteren Zeitpunkt nachholen und erstmal mit den originalen 30mm Hülsen weiterfahren.
Der restliche Zusammenbau funktioniert mehr oder minder umgekehrt zum Auseinanderbau. Lediglich das neue Gabelöl muss (selbstredend) eingefüllt werden. Hierbei auf die NEUEN Angaben im Begleitheft der Federn achten und NICHT die alten Werte für die original linearen Federn nutzen (siehe Photos zum Artikel).
Montagearbeiten in Kurzfassung
- Motorrad mit entlastetem Vorderrad aufbocken
- Aus- und Abbau: Vorderrad, Radabdeckung, Gabelstabilisator, Bremssättel, ABS Sensor
- Standrohr-Klemmschrauben lösen und Rohre rausziehen
- Gabeln öffnen, Öl ablassen, Federn tauschen, Distanzstücke ggf. anpassen, Öl auffüllen, zusammenbauen
- Zusammenbau
Fahrverhalten und Langzeittest
[singlepic id=3607 w=250 h=250 float=right]Gleich die erste Probefahrt überzeugte. Das durchgehend weiche eintauchen war weg (war auch echt lästig). Stattdessen verzögert die 800er etwas mehr beim Eintauchen und nimmt trotzdem die kleinen Federjobs gewohnt wahr.
Die progressive Federung schlägt gut an bei härterem Bremsen und bei heftigeren Fahreinlage. Alles nicht auf einem Level eines Vollcrossers, aber um Einiges besser als zuvor. Auf längeren Touren, schnellen Schotterpisten und im Gelände macht sich die neu abgestimmte Frontpartie erfreulich gut. Gleich die Alleenstraßen-Tour mit ihren 4.150km war ein schöner Test. Bestanden wurde natürlich mit Bravour.
Auf Schotterpisten „ballern“, Treckerwege abrocken, in Kieskuhlen spielen und pures skandinavisches Gelände lassen sich jetzt leichter und kontrollierter fahren. Die gleichen Strecken fahre ich jetzt dank der Verbesserung mit höherem Speed und gleichem Kontrollniveau.
Links und mehr Information
- Federn von Hyperpro (Website des Herstellers)
- Bücher zum selber Schrauben an der 800er
Fazit
[singlepic id=3614 w=250 h=250 float=right]Für das Geld bekommt man seinen Gegenwert. Wer die Federn selber wechseln kann und es nicht bei nächsten Service erledigen lässt, ist mit wenigen EUR dabei. Nachdem ich in den ersten Jahren meiner Motorradzeit noch keinen gehobenen Wert auf eine ordentliche Dämpfung gelegt hatte, wird das Thema zunehmend wichtiger. Je mehr man sich an die Grenzen des machbaren Fahrstiles herantastet, desto wichtiger wird eine gut arbeitende Technik.
Jetzt passt es erst einmal mit der Vorderradgaben, allerdings steht der Kauf des großen 20 Liter Zusatztankes noch bevor. Die Federrate gilt es dann anzupassen. Auch die Distanzhülse muss ich noch ziehen und montieren. Ich werde berichten!
Achtung: Alles auf eigenen Gefahr und Risiko !!! (siehe auch Hinweise und Haftungsausschluss im Impressum)
Photos zur Wechselaktion
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Servus Sascha.
Toller Bericht – Danke.
Bin selber gerade am Feder wechseln. Ich kann nirgendwo lesen, wie rum die progressiven Federn in die F800GS Upside Down Gabel eingebaut werden. Wie hast Du Deine montiert?
Hast Du die 50mm Distanzbuchsen schon integriert und Erfahrung gesammelt? Wo kann man diese kaufen?
Mit freundlichem Gruß
Wolf
Moin Wolf
Habe auch viel herumgesucht und letztendlich soll der Effekt der Gleiche sein. Die Richtung scheint keine wirkliche Rolle zu spielen. Ich habe die verdichteten Enden immer nach oben eingebaut. Fühlt sich irgendwie richtig an.
Die 50mm habe ich im Rückblick wohl falsch interpretiert. Der „Static Sag“ gibt das Durchsacken der Gabel an, welches durch das Eigengewicht (also ohne Fahrteindämpfung) geschieht. 50 mm Distanzhülsen hatte ich auch noch gedreht und eingebaut (Aluminiumrohre kannst du einfach kleines Geld über eBay bestellen und dann von jemanden mit einer Werkbank abdrehen lassen). Damit wurde die Dämpfung noch härter, aber auch gröber (zum Abrocken und herumbolzen).
Ich hatte mir danach noch die verstärkten Feder der BMW HP2 besorgt, da der große Tank vorne auf meine 800er kam. Hier fahren ich wieder mit 30mm Hülsen, denke aber darüber nach, die Vorspannung mit 40ern zu erhöhen. Letztendlich würde ich die ganze interne Dämpfung gerne austauschen, aber die Lösung ist mir einfach zu teuer (für die nächste GS Trophy vielleicht?).
Hilft das?
LG aus Oslo
Sascha
… ach ja, mit dem Öl habe ich auch herumgespielt. Wenn mit die Federn zu leicht eintaucht, habe ich dickeres Öl gewählt. Im Umkehrschluss wählte ich dünneres Öl, wenn mit die Vorfederung zu hart war.
7,5 / 10 / 15
Hallo Sascha.
Vielen Dank für Deine schnelle Info. Hilft auf alle Fälle weiter. Dann werde ich mal die Sache zusammen bauen und testen.
Lieben Gruß
Wolf
Hi!
Vielen Dank für die gute Einbauanleitung, habe gestern/heute das gleiche bei meiner GS gemacht (wenn auch mit Wilbers-Federn). Einen kleinen Tipp noch: die Abdeckkappen am besten noch im montierten Zustand lockern, denn sie waren zumindest bei meiner höllisch fest angezogen (offiziell sollten es ca. 20 Nm sein, ich tippe auf locker mal 80 Nm). Beim Versuch, sie im Schraubstock zu lösen, hat sich dann plötzlich das Standrohr mitgedreht und die ganze Eloxalschicht ist jetzt zerkratzt. Beim 2. Gabelholm wußte ich es dann besser, und da ging es dann in einem Drittel der Zeit… :-)
Viele Grüße,
Matthias
Vielleicht hilft es euch, dass die Profis auf den Rennstrecken und alten Füchse in den Werkstätten die progressiven Federn immer mit der engeren Wicklung nach oben verbauen (bei nicht USD Gabeln). Also entgegengesetzt der Standardeinbauanleitung der Hersteller. Das ganze hängt mit den ungefederten Massen zusammen. Bei groben Stößen oder Federwegen, die im Gelände eigentlich vorkommen, spielt es fast keine Rolle, bzw. wird nicht spürbar sein. Im Onroad Bereich schon.
Hoffe, das hat euch etwas geholfen.
Noch ein Tipp, glaubt den Schwachsinn aus manchen Foren nicht, dass Gabelöl nicht altert. Ihr müsst es nicht alle 2 Jahre unbedingt wechseln (das spült nur Geld in die Kassen der Werkstätten), aber es altert nach einer Weile durchaus und es bildet sich Abrieb, welcher oft am Boden sichtbar sich absetzt. Also gut reinigen bevor man neues Gabelöl einfüllt – sinnvoll.
Viele Grüße
Peter R.
Dankeschön für deinen Input Peter :-) Tipps von Menschen mit Praxiserfahrung ist sind mir immer noch am liebsten :-) Gruß aus Norwegen, Sascha