Eine Geschichte aus dem Leben: Irgendwie ist es immer derselbe Schlag Leute. Fast immer wenn man jemandem begegnet, der auch ein Multitool am Gürtel trägt, ist das ein „Gleichgesinnter“. Jemand der gern auch auf Ausnahmesituationen vorbereitet ist, jemand der praktisch denkt und immer jemand mit dem man ein abendfüllendes Gesprächsthema hat: Leatherman vs. Gerber – welches ist das vernünftigere Multitool?
Die Story von Gerd und Ole
Kennengelernt hatten sich Gerd und Ole in einer Hinterhof – Mopped – Schauberwerkstatt. Hier sammelten sich meist allerlei langhaarige Vollbartträger um an ihren Kisten rum zu schrauben, Benzin zu schwatzen und natürlich Bier zu trinken.
Es war mal wieder eine lustige Runde und Gerd bastelte nebenbei noch an seiner Elektrik. Kabel, ordentlich verlegt, passende Länge angehalten, und als Gerd an seinen Gürtel greift, um sein Leatherman zu zücken, macht es neben ihm „schnapp“ und Ole kneift den Draht mit seinem Gerber ab. Er grinst und erdreistet sich doch tatsächlich zu sagen: „Hättest Dir lieber ein vernünftiges Multitool kaufen sollen!“ Und das Gerd! Gerd hatte wochenlang jede „Morgenandacht“ im Badezimmer damit zugebracht, in Katalogen und Messerzeitschriften alle möglichen und unmöglichen Multitools miteinander zu vergleichen.
Der Tool-Kampf hatte begonnen
Seine Entscheidung für das Leatherman Super Tool war Weisgott kein Spontankauf aus einer Laune heraus gewesen, sondern eine wohlüberlegte Entscheidung. Also öffnete Gerd sein Leatherman, ebenfalls mit nur einer Hand (das hatte er schließlich geübt) und zack war mittels der Absetzkerbe in der Zange das Kabelende blank. „Na? Kann dein komisches Gerber das auch?“ fragte Gerd ebenso grinsend.
Leatherman vs. Gerber – 1:1. Beim Aufcrimpen des Kabelschuhes stand es dann schon wieder 1 : 2 für das Gerber, da die harten Kanten des Leatherman wirklich nicht geeignet sind, um richtig fest zuzupacken.
Die Vor – und Nachteil Debatte
Was folgte, war eine erbitterte Debatte über die Vor – und Nachteile der unterschiedlichen Multitools und der Beginn einer echten Männerfreundschaft. Gerd suchte zu der Zeit einen Winterjob um seine nächste Tour zu finanzieren und in Oles Firma wurden Elektrotechniker gesucht. Das Schmerzensgeld war akzeptabel und so kam es, dass der Wettstreit Leatherman vs. Gerber auch im beruflichen Alltag fortgesetzt wurde.
Aus dem Winterjob wurden dann doch mehr als zwei Jahre in denen die Beiden die Verkabelung werksneuer Züge geprüft und Fehler gesucht haben. Waggonbau bedeutet große Hallen, lange Wege und oft auch weit abgelegene Abstellgleise. Das ideale Testgebiet für ein Multitool. Die beiden Langhaarigen wurden immer dann losgeschickt, wenn es hieß „schaut doch mal schnell … „. Hier mal schnell ein Birnchen wechseln, dort mal schnell einen Schalter tauschen, das vertauschte Kabel richtig anklemmen. Viele Kleinigkeiten, die sofort erledigt werden konnten, ohne den riesigen Werkzeugkoffer rumzuschleppen, wenn man halt sein Multitool am Gürtel trug.
Schneller, fummliger, präziser, …
Dabei haben sich die beiden „Männerspielzeuge“, wie die Frauen diese Multitools oft genannt hatten, wunderbar ergänzt. Das Gerber war eindeutig „schneller“. Der Zugriff auf die einzelnen Werkzeuge, vor allem die Zange, ist einfacher und auch die Klingenarretierung war wesentlich einfacher zu lösen.
Das Leatherman war in der Beziehung eher „fummelig“ aber die Klingen waren weitaus präziser und feiner. Der entscheidende Vorteil des Leatherman war jedoch die Möglichkeit, die beiden Schenkel in eine Linie zu bringen, und damit auch Schrauben zu erreichen, die tiefer im Gerät saßen oder in ungünstigen Winkeln montiert waren.
Das Gerber dagegen war weit vorne, wenn es darum ging, mit der Zange ordentlich zuzupacken.
Ein wirklich vernünftiges Multitool
Jeder hatte seinen Favoriten bis zum Ende ausgereizt. Die Formulierung „ein vernünftiges Multitool“ (aus der ersten Begegnung) hatte sich zum „Running Gag“ entwickelt und wurde dauernd für gegenseitige Sticheleien benutzt (Spaß muss sein). Immer wenn Einer zugeben musste, dass sein Liebling der Aufgabe nicht gewachsen war, demonstrierte der Andere hämisch die Vorteile seines Tools. Nie ohne lauthals zu verkünden, dass mit einem „vernünftigen Multitool“ so etwas doch ein Kinderspiel sei.
Gerd und Ole haben aber nicht nur zusammen gearbeitet, sondern sind auch kreuz und quer durch Europa getourt. Auch im Outdoorbereich war das Gerber vorn, wenn es darum ging, schnell einen heißen Topf vom Feuer zu holen. Für das Feuerholz dagegen war die Säge am Leatherman trotz ihrer geringen Größe erstaunlich gut zu gebrauchen. Die feine Spitzzange am Leatherman taugt auch als Pinzettenersatz, die Gerberzange dagegen schafft durchaus auch mal einen vergriesgnaddelten Schaubenkopf herauszubekommen.
Ein Unentschieden nach 20 Jahren
Der Wettstreit Leatherman vs. Gerber dauert nun schon zwanzig Jahre an. Auch wenn beide nicht mehr als Handwerker arbeiten und die Moppedtouren wegen Frau und Kind immer häufiger von klapprigen Wohnmobilen begleitet werden, wird man weder Ole noch Gerd ohne kleine schwarze Tasche am Gürtel antreffen. Keiner würde mit dem Anderen tauschen.
- Die Leatherman SuperTool Vorteile (+)
- präzise Klingen auch für sehr kleine Schräubchen
- Säge
- Absetzkerbe
- auch als „langer“ Schraubendreher einsetzbar
- Die Leatherman Nachteile (-)
- unpraktische Klingenarretierung
- harte Kanten an den Zangengriffen
- zu kleine Fangöse
- Die Gerber Muliti Plier 600 Vorteile (+)
- kräftige Zange, mit einem „Schnipp“ zu öffnen
- pfiffige Klingenarretierung
- keine Kanten an den Zangengriffen
- Die Gerber Nachteile (-)
- weniger Klingen
- tief liegende Schraubenköpfe nicht erreichbar
Fazit
Im Laufe der Jahre haben beide Marken ihre Tools natürlich weiterentwickelt und verbessert. Neue Hersteller und unzählige Plagiate sind mittlerweile ebenfalls am Markt verfügbar. Es gibt in so gut wie allen Gewichtsklassen und für gezielte Einsatzbereiche spezielle Multitools.
Was nun ein „vernünftiges Multitool“ ist, hängt letztendlich von den Gewohnheiten des Besitzers ab. Einem Landmaschinenschlosser würden wir eher empfehlen bei Gerber zu suchen. Wer häufiger mal einen Laptop zerlegen will, der wird wohl eher mit einem Leatherman glücklich werden. Kurzum: Gerber fürs Grobe und den Leatherman fürs Feine
Schaut euch um und wenn ihr einen Lang- oder Kurzhaar Kollegen mit Multitools am Gürtel trefft, fagt ihn doch: „Ist das ein vernünftiges Tool, dass du da hast?“ Was ist eure Meinung dazu? Habt ihr Vorlieben, Erfahrungen, Rückmeldungen oder Stories? Wir freuen uns auf viele Kommentare!
Guter Beitrag. Muss gestehen, hab ich so noch nie aufgefasst. Besitze selber ein Gerber und viele Kollegen ein Leatherman, doch es wird jeweils das Tool verwendet welches für die Aufgabe am besten geeignet ist.
Es sind keine riesigen Unterschiede, aber Feinheiten. Zumindest mich schlägt manchmal die Nach-Dem-Kauf-Reue und ich denke mir “ … wenn ich das nur vorher gewusst hätte …“.
Insofern ein kleiner Denkanstoß und ein wenig Feedback :-)
LG S
Ich bin seit vielen Jahren Leatherman Anhänger. Ich habe ein Super Tool + Bitadapter, ein Wave + Bitsatz und ein Style.
Man muss sich aber auch als Leatherman Fan eingestehen dass die Qualität der Tools über die Jahre nachgelassen hat. Der Service dagegen ist immer noch perfekt. Aber was hilft mir das wenn ich das Tool immer wieder einschicken muss. Gerber ist mir bereits öfter begegnet, allerdings konnte ich mich bisher noch nicht dafür begeistern. Sollte ich mir doch irgendwann nochmal ein Multitool kaufen dann steht aktuell Victorinox auf meiner Wunschliste ganz oben.
Grüße Tobias
Victorinox steht auch noch auf meiner List für „nächstes Tool, wenn dieses nicht mehr ist“ :-) Die Qualität der Tools hat bei den beiden Großen (Leatherman & Gerber) tatsächlich etwas nachgelassen,aber nur marginal, wenn man den negativen Berichten wirklich glauben darf.
Nach viel Lesen, Arbeiten mit Gerber Muliti Plier 600 und dem Leatherman Surge hab ich seit längerem das Victorinox SwissTool CS Plus und bin absolut zufrieden. Man kann sich aber auch gut mit den anderen beiden durchschlagen, so groß sind die Unterschiede nicht. Gewicht und Funktionen spielen eine Rolle, die Verarbeitungsqualität ist mMn beim Vic am besten.
Kleiner Tipp: Hier bekommt man das Super Tool 300 und das Micra Multitool für zusammen 68,34 (inkl. VSK): http://hukd.mydealz.de/deals/leatherman-super-tool-300-micra-multitool-zusammen-68-34-inkl-vsk-mit-gutschein-voelkner-335243
Sehr interessanter Blog den du hier hast. Ich fahre selbst eine Simson S51, ja 50ccm und 60-70kmh und habe ein Victorinox Spirit Plus. Es wirkt anfangs sehr filigran aber man.kann damit einiges machen.
Mal eben das Moped auseinander bauen inklusive Zylinder. Das ist schon krass was diese Tools können.
Ich hatte kurze Zeit ein neues Leatherman Wave, weil ich das zum Tausch fürs Sideclip bekommen habe. eigentlich bekommt man dann das Wingman aber damit konnte ich nicht so arbeiten wie mit dem Sideclip.
Jetzt mal was zu Victorinox Spirit Plus
Vorteile:
+ stabil
+ praktische Werkzeugarrietierung
+ die Ratsche mit 10 BITS
+ ein Korkenzieher mit Brillenschraubendreher( bis jetzt noch an keinem. leatherman gesehen)
+ abgerundete Kanten um zupacken zu können
+ lebenslange Garantie
+ durch Victorinox bin ich Tester für die neuen Magnethüllen, und was soll ich sagen? Die sind der Hammer. Nie wieder bleibt die Tasche auf. Wirklich genial der Support von Victorinox.
+ die Wellenschliffklinge
+ der Preis damals ( 80€???)
Nachteile:
– die Wellenschliffklinge ( es ist die einzige)
– keine Maßeinheiten durch ergonomische Form
– sieht filigraner aus als es ist ( könnte glatt als. Business Tool durchgehen.
Es ist ein Klasse teil, ich bereue den Kauf nicht. und bin froh, dass ich mich nicht mehr über den sehr starken Qualitätsnachlass von Leatherman aufregen muss.
Das CS Plus wäre vielleicht besser aber, kostete damals doppelt so viel.
Danke für die Rückmeldung Robin :-)
Werde mir das Victorinox Spirit Plus „Tool“ bei Gelegenheit mal genauer anschauen.
Wünsche die weiterhin viel Spaß mit deiner Simson S51 und deiner tollen Website.
LG aus Norwegen
Sascha
Ich habe ein Leatherman Wave und ein Gerber Crux. Das Crux hat mehr Bits, aber das Wave ist besser verarbeitet.
Ich habe die Crux gekauft, nachdem ich die Wave „verloren“ hatte, die ich zwei Jahre später in einer alten Jagdjacke wiederfand!
Wie viele anderen hier, gefällt auch mir euer Beitrag sehr. Schon mehrere Jahre besitzte auch ich Gerber, aber nur für einige klassische Dinge. Aber jetzt, wenn ich eurem Artikel hier durch gelesen habe, wundere ich mich, was man noch neben klassische Dinge damit tun kann.
LG