Einmal im Jahr ballert die Bande des norwegischen Allroad-MC (Motorcycle) in den Süden des Landes. Ausnahmsweise werden keine Stollen, sondern Straßenreifen aufgezogen. Es ging über steinige Berglandschaften und traumhafte Fjorde.
Freitag (311km) – Anreise und Treffen auf 1.000m
Die Route des Tages: Drammen > Kongsberg > Jondalen > Notodden > Tuddalsdalen > Gausta > Rjukan > RV 362 > Haukelifjell
Anreise durch die Telemark
[singlepic id=3537 w=250 h=250 float=right]Donnerstag Abend wurde der Bock bereits gepackt. Freitag morgen ging es mit der leicht beladenen 800er (Ortlieb Packtasche in L und einer Sitztasche) erstmal ab zur Arbeit – die Vorfreude aufs Wochenende war groß! Auf Arbeit dann die neugierigen Nachfragen, wo es denn diesmal hingehen werde.
Früh Nachmittags dann das Vortreffen bei Drammen. 7 der 20 angemeldeten Biker wollten gemeinsam von Ost (Osloumgebung) nach West fahren und unser Guide Oscar hatte eine schöne Route dafür ausgearbeitet.
In der Gruppe fuhren zwei alten Boxern, eine GS 1200ern und 1150er, eine KTM 690er und eine BMW 800er. Die Anreise führte uns von Drammen aus durch die wunderschöne Telemark in Richtung der Westküste. Auf kurvig verschlungenen Straßen gaben wir mal mehr und mal weniger Gas – was für eine Gaudi!
Der Pass am Gaustatoppen
[singlepic id=3541 w=250 h=250 float=right]Nach zwei Stops an weitsichtigen Aussichtspunkten und einer faszinierenden Überfahrt am Pass des Gaustatoppen kamen wir einigen Stunden später auf 1.000m Höhe in unser Unterkunft an.
Was ist denn das? Wir haben Juni und hier oben liegt noch meterhoch der Schnee auf den Bergen? Passend zur vorgefundenen Wetterlage quartieren wir uns in die Bergstation der hiesigen Straßenmeisterei ein. Einer unser Clubmitglieder war mal Teil dieser Truppe und wir deshalb dürfen wir an diesem Wochenende hier hausen.
Die Zimmer sind alle schon beschriftet und das Emfangskomitee begrüßt uns herzlich (gute Laune & Bierchen). Sigmund lässt sich nicht lumpen und schmeißt draußen bei 0 Grad die beiden Grills an. Wenn wir sagen, dass wir grillen, dann machen wir das auch! Wir amüsieren uns allesamt und haben einen heiteren und geselligen ersten Abend. Es gibt viel zu erzählen, ist dies doch die erste große Allroad-MC Tour in 2012! Ich komme heute nicht zu spät in die Koje, soll es doch morgen früh zeitig losgehen.
Karte zur Tour
Tag 1 in blau (311 km), Tag 2 in rot (425 km) und Tag 3 in schwarz (273 km).
Southern Comfort (Norwegen) 2012 auf einer größeren Karte anzeigen
Samstag (425km) – über die Berge und Fjorde
Die heutige Route: Haukelifjell > Sauda > Lysefjorden > Lysebotn > Rysstad > E9 > Haukelifjell
Unterwegs auf schmalen Bergstraßen
[singlepic id=3508 w=250 h=250 float=right]Dichte Nebelbänke und eine respektable Außentemperatur am Gefrierpunkt läuten zur heutigen Haupttour ein. Die Motorradbande ist warm angezogen und der Konvoi verlässt pünktlich um 8.29 das Gelände.
Nachdem wir den (10 Grad warmen) Haukelitunnel mit 5682m Länge hinter uns lassen, lässt die Höhe nach und wir cruisen auf 200-800m durch die Berglansschaft. Der Zwischenstop und das Photoshooting auf den Mountaintops waren der Hammer. Die Atmosphäre und die Aussicht da oben waren einfach gigantisch.
An Sauda vorbei ballern wir zur ersten Fähre, die uns über den Sandsfjorden nach Sand bringen soll. Der Zeitplan steht und wir dürfen nicht zurückfallen. Eine Pause und viele Kurven später queren wir auf der zweiten Fähre den Garsundfjorden nach Hjemelandsvagen hinüber.
Technische Probleme
[singlepic id=3514 w=250 h=250 float=right]Hier passiert das Unglaubliche. Eine unser BMW R1100GS fängt kurz vor der Fähre das Schlingern an. Die Wartezeit vor der Fähre wird zur Fehlersuche genutzt und die Uhrsache wird schnell gefunden. Was war der Fehler? Nicht der Luftdruck, kein Lagerschaden, nein.
Es war der untere Aufnahmepunkt des hinteren Federbeins. Das Ding war glatt abgefault und abgerissen (Am Federbein, nicht die Schwinge selbst). Einmal richtig Einfedern hätte vermutlich gelangt, um das offene Stück Stange in den Hinterreifen zu jagen. Das ging noch gerade mal gut! Wir montieren die Seitenkoffern an eine andere Maschine und lassen die defekte Großenduro am Hafen stehen (wurde Tags drauf mit eine Anhänger abgeholt). Der Besitzer ist nicht happy, aber so kann man damit auf keinen Fall weiterfahren (als Beifahrer – mal etwas anderes)!
Sightseeing auf dem Lysefjord
[singlepic id=3525 w=250 h=250 float=right]Wir fahren noch 90 weitere Minuten über Berge und Täler, dann kommen wir zu einer weiteren Hauptattraktion des Tages. Eine Fähre soll uns von kurz hinter dem Preikestolen den ganzen Lysefjorden hinauf bis an den Lysebotn mitnehmen. Die Fahrt wurde weit im Voraus gebucht, damit auch wirklich alle Bikes mitkommen können.
Wenige Tage zuvor fiel die Hauptfähre aus, so dass eine der alten nostalgischen Fähren vorübergehend wieder in den Dienst gestellt werden musste. Unser Glück! Der „Kahn“ passt so perfekt in die bergige Kulisse wie nichts Anderes. Wir rollen auf den schon fast voll beladenen Oldtimer und machen es uns für die nächste Stunde gemütlich an Bord.
Das hier ist nicht nur eine Überfahrtsfähre. Dank der gut verteilten Bordsprechanlage werden die Touristen und wir auf drei Sprachen (Norwegisch, Englisch, Deutsch) mit den Informationen rund um den Fjord versorgt. Hier ein bedeutender Felsen, da ein altes Dorf, dort ein paar Wasserkraftwerke und hier der Fallschirmlandeplatz. Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir (zumindest ich) lernen eine Menge dazu.
Kurvenrally – den Lysebotn hinauf
[singlepic id=3534 w=250 h=250 float=right]Dann kommt der Lysebotn – endlich. Auf 3km und mit zahlreichen Kurven geht es von 0m auf 800m hinauf – was für eine Gaudi! Jetzt gibt es auch kein Halten mehr in der Gruppe. Ich drehe die 800er auf, was das Gummi an Haftung hergibt. Leider ist die Straße saunass und ungriffig. Bei der heftigen Steigung und den 180 Grad Kehren treffe ich den sensiblen Raum zwischen maximaler Beschleunigung und Abriss der Reifenhaftung nur ungenügend. Das Fahren an der Grenze macht irre Spaß und als wir oben angekommen sind, könnte ich gleich noch mal runter und wieder zurück heizen :-)
Hier oben essen einige von uns erstmal einen Happen in der Touristenfalle. Leute, wenn ihr mal hier oben seid, spart euch das! Überall das Gleiche in diesen „Fallen“ (lausiger Service und viel zu hohe Preise für zu wenig Qualität). Dennoch frisch gestärkt nehmen wir das vor verbleibende Gebirge unter die Reifen, dass noch zwischen uns und der E9 liegt.
Mehr Lysefjord Info unter www.lysefjordeninfo.no/
Über die Berge zurück und ab ins Lager
[singlepic id=3512 w=250 h=250 float=right]Wow – was für ein Fahrt! Die Straße zählt zu den von der kleineren Sorte. Zwei Autos passen da teils nur klapp in voller Fahrt aneinander vorbei. Zudem geht es nicht für einen Zentimeter geradeaus auf diesem Höhenpass. Felsen, Kurven, leichter Niesel, meterhoch der Schnee an den Seiten und das Ganze noch bei schattig kühlen Temperaturen. Norwegen Spezial!
Aber unser kleiner Trupp von 5 Bikes (2x800GS und 1x1150GS und 2x1200GS) nimmt den Teer unter die Reifen und irgendwann sind wir sozusagen auf der anderen Seite. Auf der E9 geht es ab jetzt wieder nach Norden. Mit teilweise viel zu hohem Tempo geht es auf der Talstraße zurück in den Norden. Eine Stunde vor unser Unterkunft wird noch schnell mal eingekauft und die Vorräte für folgenden Abend aufgefüllt. Dann reißen wir beiden 800er noch mal kräftig am Gashahn und holen sogar noch die Hauptgruppe ein.
[singlepic id=3535 w=250 h=250 float=right]Zwei Tage später sollen wir erfahren, dass genau auf dieser Straße Verkehrskontrollen via Laser durchgeführt wurden. Hätten die uns zwei geschnappt – na Mahlzeit! Mein letztes Ticket in Norwegen kostete 500,- EUR für 22 km/h zu viel. Das ging dieses Mal noch glatt für uns ;-)
Zurück im Bergheim des Straßendienstes machen wir uns noch einen gemütlichen Abend, schnacken viel und haben einfach eine gute Zeit zusammen. Ich muss noch die tiefen Einrücke des Tages verarbeiten. Die Berge und felsige Westküste Norwegens sind einfach bezaubernd, wild und unglaublich rau. Norwegen eben – herrlich! Seit 2009 war ich nicht mehr so tief in den West-Fjorden. Für diesen Sommer ist aber eine ausgedehnte Tour mit meiner Süßen zusammen von Trondheim runter nach Stavanger geplant – Fjordland und Motorrad satt!
Sonntag (273km) – ab nach Hause
Die heutige Route: Haukelifjell > E134 > Oslo
Morgens früh los
[singlepic id=3543 w=250 h=250 float=right]Der Wecker klingelt schon um kurz vor sechs Uhr in der Frühe. Heute hat mein Schatzi Geburtstag und da möchte ich sie mit einer frühen Heimkunft erfreuen (versteht sich doch von selbst, oder?).
Gestern Abend habe ich mir mein Gepäck schon zurechtgelegt und davon zusammengepackt, was ging. Ich ziehe still das Bett ab, und mache mich leise aus dem Zimmer. Mein Zimmergenosse und die anderen schlafen noch, als ich den Gemeinschaftsraum aufklare, kurz durchsaugen (jeder muss mich aufklaren, oder?) und dann einen kleinen Happen esse.
Dann packe ich mich warm ein (mal wieder Null Grad draußen) und sattle die BMW. Die ersten Kilometer von 1.000 auf 700m hinunter fallen mir noch schwer, dann wird es jedoch gefühlt wärmer und die Fahrroutine sitzt so langsam wieder. Auf den Straßen ist nichts los und ich komme so früh morgens am Sonntag zügig voran.
Leerer Tank und frohes Wiedersehen
[singlepic id=3542 w=250 h=250 float=right]Ehrlich gesagt hatte ich für die Heimreise überhaupt keine Route geplant, wozu hat man denn in Navi! Die schnellste Route führt mich in Richtung Oslo, immer der E134 folgend. Ich hatte eigentlich nicht vor, heute noch zu tanken. Mit der Überzeugung, den Benzinhahn des Zusatztankes bereits umgelegt zu haben, ignorieren ich die 0 km Restweitenanzeige im Cockpit der 800er. Soll ich doch am darauf folgenden Tag feststellen, dass der Zusatztank gar nicht geöffnet war ;-) Ging aber gut und ich kam in eine Zug nach Hause.
Dass da jemand super froh war mich so früh schon zu sehen, ist doch wohl klar, oder? :-)
Fazit zur Tour
[singlepic id=3511 w=250 h=250 float=right]Normalerweise knalle ich mich den Jungs und Mädels vom Allroad-MC auf Stollenreifen über die übelsten Schotterpisten und vergessene Waldwege. Diese „Teer“-Tour hat jedoch eine Menge Spaß gemacht und mir ein paar neue Ecken von Norwegen gezeigt, die ich bislang noch nicht kannte.
Leider war dies (nach 10 Jahren) die vorerst letzte Tour an diese Location. Diese Spezialbehausung können wir nicht mehr nutzen und für 2013 läuft die Planung für eine NEUE Southern-Comfort Tour schon auf Hochtouren. Mit gespannter Vorfreude fiebere ich der neuen Route und Location schon entgegen.
Photos zur Fjordnorwegen Motorrad Tour
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Was meint ihr?
Ist Fjordnorwegen eine Reise wert? Habt ihr in der Region schon mal unterwegs oder habt es vor? Lasst es uns wissen und hinterlasst eure Kommentare und euer Feedback, thanks :-)